Eine Reise durch die Biografie von Oskar Moll

1875
Am 21. Juli wird Oskar (Erhard Silvius) Moll als achtes von zehn Kindern der Henriette Rosalie Marie, geb. Moll (1844–1922) und des Mitinhabers der Handelsgesellschaft (Lederfabrik F.W. Moll) Theodor Leopold Wilhelm Moll (1824–1884) in Brieg (pl. Brzeg), Bezirk Breslau (pl. Wrocław) geboren.

1884
Oskar besucht das Internat in Hirschberg (pl. Jelenia Góra) am Fuße des Riesengebirges. Als sein Vater am 14. September 1884 stirbt, zieht seine Mutter nach Berlin und wohnt zunächst in der Hardenbergstraße, später dann in einem feudalen Haus in der Hubertusallee. 

1885
Mit zehn Jahren erkrankt der Junge erstmals an schweren Nierenkoliken, was in der Folgezeit dazu führt, dass ihm 1890 in Breslau die kranke Niere entfernt wird. Seine gesundheitlichen Einschränkungen verhindern einen kontinuierlichen Schulbesuch.

1891
Oskar zieht nach Breslau zu einem Pastor genannt „Menzel“, der mit der Familie Moll in Brieg befreundet ist. Ein Jahr später besteht er sein Abitur und hält sich anschließend in Lausanne in der Schweiz auf. Als Autodidakt entsteht 1892 sein erstes Gemälde „Die Fuchsfamilie“.

1893–96
Oskar Moll beginnt 1893 mit dem Studium der Biologie, zunächst in Hannover, dann in Genf und Basel. Er freundet sich mit dem Fabrikanten Hermann Harkort (1854–1930) aus Wetter (Ruhr) an. Gegen den Widerstand seiner Familie bricht Moll 1896 sein Studium ab und entschließt sich Maler zu werden.

1897
Moll zieht nach Berlin, wohnt zunächst in der Prinzregentenstraße, später im „Romanischen Haus“ zwischen Kurfürstendamm und Kantstraße. Er mietet sich am Kurfürstendamm 10 ein Atelier an. Er befreundet sich mit dem späteren Kunsthistoriker Richard Hamann (1879–1961).

1898
Moll beteiligt sich erstmals jeweils mit einem Gemälde an Kollektivausstellungen in Berlin und München:  In der Großen Berliner Kunstausstellung stellt er zwischen Ende April und Mitte Oktober das Werk „Letzte Strahlen“ im Saal 39 (Kat.-Nr. 704) aus. Und  in der Münchener Jahresausstellung im Königlichen Glaspalast, wo er zwei Jahre später wieder vertreten sein wird,  zeigt er im Saal 67 „Trüber Tag“ (Kat.-Nr. 713).

1898–99
Moll begibt sich auf zahlreiche Reisen, u.a. nach Ägypten (Kairo, Assuan), wo sein Interesse an altägyptische Skulpturen erwacht. Des Weiteren reist er nach Algerien, Tunesien, England, Irland und Russland.
Auf einer Norwegenreise 1899 erwirbt Oskar Moll für 700 Kronen das Gemälde „Musik auf der Karl-Johann-Straße“ (1889) von Edvard Munch (1863–1944), das sich heute im Eigentum der Staatlichen Museen, Preußischer Kulturbesitz, Neue Nationalgalerie in Berlin befindet.
Moll arbeitet kurzzeitig in der Malerkolonie Nidden auf der Kurischen Nehrung und mietet sich ein Atelier, das ihm der Gastwirt Hermann Blode (1862–1934) in seinem Gasthof eingerichtet hat. Er beteiligt sich 1899 erstmals an einer Ausstellung des Königsberger Kunstvereins, einem der ältesten Kunstvereine in Deutschland, dessen Ausstellungen er bis 1927 regelmäßig beschicken wird.

1900–03
Moll hospitiert in Berlin drei Jahre lang bei Lovis Corinth (1858–1925), zunächst ab Spätsommer 1900 in Corinths provisorisch angemietetem Atelier und dann ab Oktober 1901 im Atelier der Klopstockstraße 52, das Walter Leistikow (1865–1908) Corinth überlassen hat. In dieser Zeit vermittelt Moll seinem Lehrer eine Reihe von Porträtaufträgen aus seinem Verwandtenkreis.
Moll erwirbt in der Folgezeit rund zehn Gemälde von Corinth, darunter „Diogenes“ von 1893 (heute Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg) und „Selbstbildnis mit Charlotte Berend und Rotweinglas “ von 1902 (Privatbesitz).
Obwohl Moll von 1900 bis 1904 Mitglied des Vereins Berliner Künstler ist, der sich unter dem Vorsitz von Anton von Werner (1843–1915) mehr für die Interessen einer konservativen Künstlerschaft einsetzt, bereitet der Künstler seinen Aufbruch in die Moderne schrittweise vor. Durch den engeren Kontakt  zu Lovis Corinth und später dann zu Ulrich Hübner (1872–1932) geht Moll von der Atelier- zur Freilichtmalerei über.

1901
Oskar Moll erbt mit seinen Geschwistern Wilhelm (Silvius Theodor) und (Max Viktor) Friedrich Moll, die Mitinhaber der Handelsgesellschaft Lederfabrik F. u. W. Moll sind, das elterliche Vermögen.

1901/02–13
Moll stellt im Winter 1901/02 zum ersten Mal in der Berliner Secession (4. Ausstellung) aus und wird künftig regelmäßig mit zahlreichen Werken an den Ausstellungen in dieser herausragenden deutschen Künstlergruppe teilnehmen, zuletzt 1913 in der Herbstausstellung.

1903–05
Moll begibt sich nach Wildenroth bei Grafrath in Oberbayern, um sich stärker der Freilichtmalerei zu widmen. Er lebt auf Schloss Höhenroth und unterstützt in der Farbenherstellung finanziell den mit ihm befreundeten Maler und Farbenfabrikanten Fritz Berendt (1863–1946) , der in seiner Fabrik zu Grafrath lichtbeständige Farben herstellt, die Moll für seine künftige Malerei verwenden wird.
Molls Landschaftsmalerei ist in dieser Phase noch geprägt durch eine Farbpalette mit vorwiegend braunen und blaugrünen Tönen, die er jedoch pastos und in spontanen kurzen Pinselstrichen auf die Leinwand setzt.

1904
Moll zieht in die Hardenbergstraße 14 im Ortsteil Berlin-Charlottenburg. Er beteiligt sich im Frühjahr erstmals an einer Kollektivausstellung im Salon Paul Cassirer in Berlin und reicht ein weiteres Mal erfolgreich Werke in der Münchener Jahresausstellung im Glaspalast ein. Zum Jahresende ist er erneut mit Werken im Cassirer-Salon vertreten u.a. neben Edvard Munch und Auguste Renoir.

1905
Moll beschickt die Frühjahrsausstellung der Münchener Secession mit vier Werken, darunter das Gemälde „Gärtnerei im Schnee“, das sogleich die Münchener Secessionsgalerie (heute: Verein bildender Künstler Münchens Secession e.V.) erwirbt.
Auf dem Bahnhof in Wiesbaden kommt es zwischen Oskar Moll und seiner zukünftigen Schülerin Margarete Haeffner (1884–1977), einer geborenen Elsässerin, zu einem vereinbarten Treffen. Im Sommer gibt Moll ihr private Malkurse auf Schloss Höhenroth.
Lovis Corinth malt in Berlin von seinem ehemaligen Schüler das Porträt „Oskar Moll mit zwei Hunden“ (Abb. 1), das er 1906 Moll als künftiges Hochzeitsgeschenk übereignen wird.

1906
Im Frühjahr sind wiederum Werke von Oskar Moll im Salon Paul Cassirer in einer Kollektivausstellung u.a. neben Lovis Corinth und Theo von Brockhusen (1882–1919) zu sehen.

Moll, mittlerweile ordentliches Mitglied der Berliner Secession, heiratet seine aus Wiesbaden stammende Schülerin Margarete Haeffner (Abb. 2), die sich Jahre später unter dem Namen Marg Moll als Bildhauerin etablieren wird. Die Trauung findet am 14. Februar in Wiesbaden in der neuromanischen Ringkirche statt. Das frischvermählte Paar zieht anschließend nach Berlin-Charlottenburg in die Gervinusstraße 2.

Nachdem Margarete in Lovis Corinths Malschule für Damen eingetreten ist, besucht das Künstlerehepaar in Dresden die „Dritte Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung“ mit Möbeln von Henry van de Velde (1863–1957) und Peter Behrens (1868–1940). Beide teilen ein Leben lang ihr Interesse an moderner Kunst und Kunstgewerbe.

Mit dem Maler, Grafiker und Keramiker Emil Pottner (1872–1942) mietet sich Oskar Moll in Caputh am Schwielowsee ein kleines Haus, um in den Sommermonaten zwischen 1906 und 1908 vor Ort gemeinsam zu malen.
Daneben unternehmen Oskar und Margarete gemeinsame Reisen nach Stolpmünde/Pommern (pl. Ustka/Pomorze), Norwegen und Spitzbergen, ferner Holland, Amsterdam und Belgien, besonders Flandern.

1907
Die Molls besuchen zunächst den aus der bekannten Unternehmerfamilie Harkort stammenden Wilhelm Harkort in Wetter (Ruhr), der einen Kontakt herstellt zu dessen Vetter Karl Ernst Osthaus (1874–1921), einem der wichtigsten deutschen Kunstmäzene und Kunstsammler in Hagen, der später zwei Stillleben von Oskar Moll erwerben wird. Bei Osthaus kommt es für die Molls zu den ersten Berührungen mit Werken des französischen Impressionismus, auch mit dem von Osthaus erst kürzlich erworbenen Stillleben „Nature morte aux asphodèles“ (1907) von Henri Matisse (1869–1954), das bei Oskar Moll einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

Im Sommer entsteht in Caputh von Lovis Corinth das „Porträt Margarete Moll“ sitzend auf der Veranda, das sich heute im Hessischen Landesmuseum Darmstadt befindet.

Die Molls reisen Ende des Jahres nach Paris und beziehen eine möblierte 4-Zimmerwohnung am Boulevard Raspail. Hans Purrmann (1880–1966), der in der Pariser Kunstszene bestens vernetzt ist, macht das Künstlerehepaar Moll im Atelier von Lyonel Feininger (1871–1956) in Anwesenheit u.a. von Rudolf Großmann (1882–1941), Rudolf Levy (1875–1944) und Walter Bondy (1880–1940) mit dem Künstlerkreis des Café du Dôme bekannt. Purrmann ist es auch, der die Molls in das Atelier von Matisse am Quai Saint-Michel einführt

1 Lovis Corinth, Oskar Moll mit zwei Hunden, 1905, Öl auf Leinwand, Privatbesitz

2 Margarete und Oskar Moll 1906 in Caputh, Fotografie

1908
Im Januar gründen die Molls u.a. mit Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller (1876-1943), der künftigen Frau von Purrmann, sowie mit der amerikanischen Künstlerin und späteren Kunstsammlerin Sarah Stein (1870–1953) die „Académie Matisse“, die ihre Arbeitsräume zunächst im Couvent des Oiseaux an der Rue de Sèvres und später im Couvent de Sacré-Cœur auf dem Boulevard des Invalides an der Ecke der Rue de Babylon hat.
Matisse unterrichtet dort bis 1911 rund einhundert Schüler und Schülerinnen aus dem In- und Ausland. Neben einer klassischen Grundausbildung (Kopieren, Arbeiten nach dem Modell und Museumsbesuch) kommen seine Zöglinge, wie eben auch Oskar Moll, mit seinen theoretischen Gedanken über die Kunst als harmonisches Gleichgewicht zwischen Farbe und Form in Berührung, die letztendlich einfließen in Matisse‘ kunsttheoretischer Schrift „Notes d’un Peintre“ (Notizen eines Malers), die am 25. Dezember in der Grande Revue veröffentlicht wird.

Im Frühjahr malt Matisse in seinem neuen Atelier im Couvent du Sacré-Cœur am Boulevard des Invalides das „Portrait de Greta Moll“, das in den Besitz der Molls übergeht, allerdings in den Wirren der Nachkriegszeit 1947 ungewollt auf den Schweizer Kunstmarkt gelangt und sich heute in der National Gallery, London befindet.
Bereits nach einem halben Jahr Aufenthalt in Paris kehren die Molls nach Deutschland zurück. Während eines spätsommerlichen Aufenthaltes in Hattenheim (südhessischer Rheingau) treffen sich die Molls wieder mit Matisse und Purrmann in Heidelberg.
Oskar Moll ist in der 6. Jahresausstellung des Pariser Salon d‘ Automne, in der als Sonderschau von Henri Matisse 30 Werke gezeigt werden, mit zwei Gemälden (Landschaft und Stillleben) beteiligt.

Am 18. Dezember wird Molls gemeinsame Tochter Melitta (1908–2003), genannt Lita, in Berlin geboren. Monate zuvor begann eine langjährige Freundschaft zwischen dem Künstlerehepaar und dem englischen Komponisten und Musiker Arthur Williams, dessen Sohn David Molls Tochter „Lita“ 1937 heiraten wird.

1908–14
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges besteht zwischen den Familien Matisse und Moll in Paris und Berlin eine enge Verbindung. Oskar und Marg Moll halten sich jedes Jahr für längere Zeit in Paris auf, während Matisse im Januar 1909 im Berliner Kunstsalon Paul Cassirer eine große Ausstellung hat.
Bereits während des ersten sechsmonatigen Aufenthaltes 1908 hat Oskar Moll den Grundstock einer Matisse-Sammlung (Gemälde und Plastiken) angelegt, die bis 1914 auf fast zwei Dutzend Erwerbungen anwachsen soll und zu den bedeutendsten Privatsammlungen zählen wird. Noch in den 1920er Jahren wird Moll nach verschiedenen Verkäufen circa zehn Gemälde des Franzosen besitzen.

1908–25
Moll entwickelt vorwiegend in den Themen Landschaft und Stillleben eine unverwechselbare Bildsprache, die formale und farbige Errungenschaften des Impressionismus, Neoimpressionismus, Fauvismus und Expressionismus ausgewogen miteinander verbindet.

1909
Die Molls verbringen ihren Frühsommer in Neuglobsow am Ostufer des Großen Stechlinsees in Mecklenburg. Neben Werken von Lovis Corinth und Franz Heckendorf (18881962) stellt Moll im Herbst über zwanzig Gemälde im Berliner Kunstsalon von Paul Cassirer aus.

1910
Im Frühjahr und Winter beteiligt sich Moll an der 21. und 22. Ausstellung der Berliner Secession. Daneben halten sich die Molls im Ostseebad Deep (pl. Mrzeżyno) an der pommerschen Küste auf.

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