1933
Bereits im April entlässt die nationalsozialistische Kulturbehörde Oskar Moll aus dem Amt der Düsseldorfer Kunstakademie.
Als Auftakt zur Diffamierung moderner Kunst wird am 4. April in der Städtischen Galerie Mannheim die sog. „Kulturbolschewistische Kunstausstellung“ eröffnet. Neben Werken u.a. von Max Beckmann, Marc Chagall (1887–1985), George Grosz (1893–1959), Erich Heckel, Alexej von Jawlensky (1865–1941) und Emil Nolde werden in dieser sog. „Schandausstellung“ auch Molls Gemälde „Stilleben“ (= „Stillleben mit blühender Amaryllis“, 1917) und „Park“ (= „Koenigsallee-Brücke“, 1918) gezeigt, die 1920 von der Mannheimer Kunsthalle angekauft wurden.
Am 17. Dezember wird in Breslau, im Schlesischen Museum der Bildenden Künste als weiterer Akt der Diffamierung moderner Kunst die Ausstellung „Kunst der Geistesrichtung 1918–1933“ eröffnet. Neben Otto Dix (1891–1969), Lyonel Feininger, George Grosz, Ludwig Meidner, Johannes Molzahn, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Schlemmer und Karl Schmidt-Rottluff war auch Oskar Moll in dieser Ausstellung mit zwei Gemälden vertreten, diesmal mit „Blick durchs Fenster“ (um 1930) und „Waldinneres“.

1933-35
Im Sommer 1933 erholt sich Moll auf der Halbinsel Höri am Bodensee und begibt sich anschließend nach Wangen im Allgäu, wo er auch ein Jahr später verweilen wird. Darüber hinaus veranstaltet er jeweils im Sommer 1933 und 1935 in Hemmenhofen auf der Höri am Bodensee eine private „Sommerakademie“, die u.a. im Atelier von Helmuth Macke (1891–1936) in der „Alten Mühle“ improvisierte Arbeitsmöglichkeiten bietet. Molls Düsseldorfer Meisterschüler Rudolf Stuckert ist einer der Teilnehmer dieser Akademie.

1934
Die Galerie Alex Vömel in Düsseldorf zeigt Werke u.a. von August Macke (1887–1914), Lyonel Feininger, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Otto Mueller und auch von Oskar Moll.
Die Molls begeben sich auf eine Reise nach England.

1934–47
In Molls Spätwerk dominiert wieder mehr die Gegenständlichkeit in einer ornamentalen Bildstruktur. Neben seinen arrangierten Stillleben, in denen immer wieder plastischen Figuren in räumlicher Anordnung erscheinen, konzentriert er sich mit retrospektivem Blick auf gläserne Winterlandschaften und lyrische Fensterausblicke mit Sicht über einen sonnigen Balkon auf das offene Meer.

1935
Die Molls reisen noch einmal nach Paris und halten sich anschließend in Südfrankreich (Moyenne Corniche an der Cŏte d’Azur) und in Ligurien (Alassio und San Remo) auf.
Der Düsseldorfer Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen richtet im April für Oskar Moll anlässlich seines 60. Geburtstages eine Sonderausstellung ein, die nach vier Wochen von der zuständigen NS-Kulturbehörde geschlossen wird. Diese Ausstellung, zu der kein Katalog erschienen ist, wird die letzte Einzelausstellung zu Lebzeiten des Künstlers sein.
Moll wendet sich in einem Schreiben an den Direktor der Landesleitung der Reichskammer der bildenden Künste (RKdbK) mit der Beschwerde, dass ihn der Oberbürgermeister der Stadt Essen, Dr. Reismann-Crone, in einer öffentlichen Rede vom 1. Mai 1935 als „Kulturbolschewist“ bezeichnet haben soll.

1936
Die Galerie Rudolf Stuckert in Düsseldorf stellt neben Lovis Corinth, Wilhelm Trübner, Christian Rohlfs (1849–1938) und Heinrich Nauen (1880–1940) auch Werke von Oskar Moll aus.
Die Familie Moll  (Abb. 7) zieht von Düsseldorf nach Berlin-Grunewald, diesmal in die Trabenerstraße 74a. Sie bewohnt ein modernes lichtdurchflutetes Atelierhaus mit offenen Räumen und Versetzung der Geschosse, das der Architekt Hans Scharoun entworfen hat, mit dem sie seit Breslau eng befreundet sind. (Abb. 8)
Auf den verschiedenen Ebenen des Hauses bezieht das Künstlerehepaar getrennt voneinander ihre Ateliers. Schräge Durchblicke eröffnen die Sicht auf ein vom Landschaftsarchitekten Hermann Mattern (1902–1971) gestaltetes Wassergrundstück, das sich terrassenartig vom Hang herunter zum Halensee ausbreitet. (Abb. 9) An diesem Ort setzt bis 1943 die erste Phase von Oskars Spätwerk ein.

Der Architekt Hugo Häring (1882–1958), ein Freund Molls und neuer Direktor der ehemaligen Reimann-Schule in Berlin, bietet ihm eine Lehrtätigkeit in der jetzt umbenannten „Privaten Schule für Gestaltung – Kunst am Werk“ an, die Moll allerdings ablehnt.

Das Künstlerehepaar Moll befreundet sich mit dem deutschen Bildhauer Berthold Müller-Oerlinghausen (1893–1979), der in Berlin eine Mosaikwerkstatt gründet, in der Marg Moll 1939 die Technik der Mosaikgestaltung erlernen wird. Als Müller-Oerlinghausen 1940 endgültig nach Kressbronn am Bodensee übersiedelt, wo er seit 1933 regelmäßig die Sommermonate verbrachte, reißt der freundschaftliche Kontakt nicht ab, was gegenseitige Besuche und Briefe von Oskar zwischen 1936 und 1946 bzw. von Marg zwischen 1944 und 1973 belegen.

1937
In der von der NS-Kulturbehörde organisierten Propagandaausstellung „Entartete Kunst“, die am 19. Juli in München Hofgartenarkaden eröffnet wird, ist Oskar Moll in Raum 5 mit zwei Werken vertreten: „Blick durchs Fenster“, um 1930 (Nr. 16058) und Stilleben, 1928 (Nr. 16127). Moll wird an weiteren Stationen dieser Ausstellung beteiligt sein, 1938 in Berlin, Leipzig und Düsseldorf sowie 1939 in Weimar.
Mindestens dreiunddreißig Werke von ihm werden bis 1938 aus den deutschen Museen beschlagnahmt, darunter sieben Werke aus der Berliner Nationalgalerie, Kronprinzen-Palais und sechs Arbeiten aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau.
Moll erhält von der NS-Kulturbehörde keinen Mal-, jedoch Ausstellungsverbot.

1938/39
Die verfemten Molls reisen in den nächsten beiden Jahren in Gebiete unter der Fahne des italienischen Faschismus, zunächst im Herbst 1938 über Freiburg und Neapel zum Klippenort Positano an der Amalfiküste und dann im Frühjahr 1939 nach Tripolis/Libyen.

Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges suchen die Molls ein letztes Mal Erholung in Nidden (lit. Nida) auf der Kurischen Nehrung, das zum unabhängigen Litauen gehört.

7 Das Ehepaar Moll mit seinen Töchtern Melitta und Brigitte r. 1936, Fotografie

8 Molls Wohnraum im Scharoun-Haus, Berlin-Grunewald (Aufnahme 1938), Baukunstarchiv der Akademie der Künste, Berlin

9 Gartenansicht des Scharoun-Hauses, Berlin Grunewald (Aufnahme 1938), Baukunstarchiv der Akademie der Künste, Berlin

1940–43
Während des Zweiten Weltkrieges lebt das Künstlerehepaar (Abb. 10) in seinem modernen Berliner Scharoun-Haus eher zurückgezogen. Die künstlerische Arbeit sorgt für willkommene Ablenkung vom reglementierten NS-Alltag.

1941 hält sich Moll zunächst Januar/ Februar und dann nochmals im September in dem schlesischen Luftkurort Wölfelsgrund (pl. Międzygórze) auf, um im dortigen Sanatorium Erholung zu finden.

Moll, der Mitglied (Mitgliedsnummer M 2339) der Reichskammer der bildenden Künste ist, erhält am 19. Januar 1942 von ihr einen Bezugsausweis für „Ölfarben und Rohleinen“.

10 Oskar und Marg Moll 1939 im Atelier Berlin-Grunewald, Fotografie

1943
Am 3. Dezember werden durch Bombenangriffe Türen und Fenster des Atelierhauses beschädigt. Vorsorglich beginnen die Molls „einen kleinen Posten“ ihrer Werke sowie ihrer Sammlung von Werken anderer Künstler in den UFA-Stollen im Eichsfeld/Thüringen und in der Jagdhütte einer Schwägerin auszulagern (freundliche Auskunft von Brigitte Würtz, 21.01.2001).
Oskar und Marg Moll begeben sich noch im Dezember nach Brieg/Schlesien (pl. Brzeg/ Śląsk), wo sie zunächst in Oskars elterlichem Anwesen (Uferweg 4) unterkommen, anschließend in der Helmut-Kaptuller-Straße wohnen.

1944
Noch im Januar bis Anfang Februar verbringen die Molls in dem bekannten Sanatorium zu Wölfelsgrund im Glatzer Land erholsame Tage. In der Nacht vom 15. auf 16. Februar wird durch einen Luftangriff ihr Atelierwohnhaus in Berlin-Grunewald weitgehend zerstört. Die darin verbliebenen eigenen Werke, die beachtliche Kunstsammlung, die möblierte Einrichtung (u.a. von August Endell) sowie private Schriftdokumente und Fotos fallen dabei dem Feuer zum Opfer.
Resignierend schreibt Oskar Moll am 5. Dezember des Jahres aus Brieg an Müller-Oerlinghausen: „Von mir kann ich leider wenig Erfreuliches melden, alt und krank, darum dreht sich im Allgemeinen mein Dasein. Die Operation der gebrochenen Kniescheibe hab ich gut überstanden, so daß ich zwar langsam, aber doch wieder gehen kann. Unser zerstörtes Heim hat viel Kräfte und Nerven gekostet, so daß ich mit allerhand Alterserscheinungen behaftet, zunehmend Kummer habe. Doch es gibt lichte Stunden, wo mich die Kunst wieder packt und die Malerei alles Unangenehmes vergessen läßt.“

1945/46
Mit der Evakuierung der Stadt Brieg am 20. Januar 1945 beginnt die gemeinsame Flucht des Künstlerehepaares, die zunächst nach Mankmus/Westpriegnitz führt und sich dann nach Altenweddingen südlich von Magdeburg fortsetzt, wo sich die Molls bis April 1946 aufhalten.
Von Juli bis September 1945 ist Moll erstmals nach Kriegsende in Berlin an einer Gruppenausstellung beteiligt, nämlich an der  „1. Kunstausstellung der Kammer der Kunstschaffenden“, in der mehrere Werke von Carl Hofer (1878–1955) im Mittelpunkt stehen.
Der Künstler nutzt die Aufenthalte während der Flucht aus der Erinnerung Motive seiner verschollenen Werke zu malen. Es entstehen zumeist auf Packpapier zahlreiche Aquarelle und Gouachen.

1946
Das Künstlerehepaar Moll kehrt am 1. Mai auf einem Lastwagen nach Berlin zurück und lässt sich durch die Vermittlung seines Architektenfreundes Hans Scharoun in Zehlendorf, Querstraße 1 in einer großzügigen möblierten Mietwohnung nieder, die dem deutschen Juristen und Ministerialbeamten Franz Abrecht Medicus (1890–1967) gehörte. In dieser Wohnung, von der Zugang zu einem Garten mit Terrasse besteht, befinden sich Gebrauchsgegenstände, die Oskar Moll zu seinen letzten Stillleben inspirieren werden.
Die während des Krieges in Heiligenstadt (Eichsfeld) ausgelagerten Werke der Molls können zum Teil gerettet werden.
Im Mai stellen die Molls gemeinsam im Kunstsalon des Kulturbundes in Magdeburg aus. Und in der Kunstausstellung der Provinz Sachsen, Halle (Saale) bekommt Oskar Moll im Städtischen Museum der Moritzburg einen Raum zur Verfügung gestellt.
Er beginnt wieder in Öl zu malen. Anstelle von Leinwänden behilft er sich mit Tischtüchern, die zum Teil aus Beständen der Reichskanzlei stammen, mitunter mit eingewebten NS-Emblemen.
Zwischen Juli und August gelingt es Oskar Moll im Haus am Waldsee, Bezirksamt Zehlendorf, Abteilung der Kunst neben Werken des 1944 verstorbenen Willy Jaeckel bereits vierunddreißig Gemälde und zwölf Aquarelle aus der Zeit von 1903 bis 1946 auszustellen. Bei der Vernissage wendet sich der ehemals verfemte Künstler mit einer kurzen Rede erstmals nach Kriegsende an die Öffentlichkeit.
Ab Herbst gibt Moll Schülern zwei Tage in der Woche Gelegenheit in seinem Zehlendorfer Atelier zu arbeiten und ihre Werke von ihm korrigieren zu lassen. In der Folgezeit bis in das kommende Jahr nehmen bis zu fünf auszubildende Künstler an seinem Unterricht teil, u.a. Hans Laabs (1915–2004) und Walter Birenheide (1913–1993). Letzterer wird vom Spätwerk seines Lehrers Aquarelle und Zeichnungen erwerben.

1947
Von Mai bis Juni werden Arbeiten des Künstlerehepaares in der „Kleinen Galerie“ Walter Schüler, Berlin-Zehlendorf ausgestellt.
Nach einem Krankenhausaufenthalt im Juli, bei dem Moll in einem kleinen Skizzenblock seine beliebtesten Szenen in Landschaft und Stillleben wieder aufleben lässt, besucht er (Abb. 11) auf dem Nachhauseweg in der „Kleinen-Galerie“ noch die Kollektivausstellung „Der Ausschnitt“, in der er mit seinem Werk „Badende“ (Akt mit Anemone) vertreten ist, das sich heute im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Kulturstiftung Sachsen-Anhalt befindet.
Am 19. August stirbt Oskar Moll in Berlin 72-jährig an den Folgen einer erneuten Urämie. Die Beisetzung findet sechs Tage später auf dem Städtischen Friedhof in Berlin-Zehlendorf, Onkel-Tom-Straße 30 statt.
Marg Moll wird ihren Mann noch dreißig Jahre überleben, in denen sie sich neben Malerei und Zeichnung vor allem mit zeitgenössischen Bildhauerkonzepten auseinandersetzen wird. Gleichzeitig verwaltet sie den künstlerischen Nachlass ihres Mannes und initiiert Ausstellungen mit seinen oder gemeinsam mit ihren Werken. Mit dem Verkauf eines Großteils seines Nachlasses kann sie den 1975 publizierten und ihr gewidmeten, allerdings unvollständigen ersten Werkkatalog von Oskar Moll unterstützend fördern.
Als Marg Moll am 15. März 1977 knapp 93-jährig stirbt, wird sie an der Seite ihres Mannes auf dem Friedhof Berlin-Zehlendorf bestattet. Architektenfreund Hans Scharoun hatte seinerzeit die steinerne Grabplatte vorsorglich mit Faksimile-Signaturen des Künstlerehepaares entworfen. (Abb. 12)


11 Oskar Moll im Frühjahr 1947, Fotografie

12 Grabstätte Oskar und Marg Moll auf dem Friedhof Berlin-Zehlendorf (Aufnahme 2008), Fotografie