Oskar Moll. Der gefälschte Künstler

Stillleben mit Obstschale, Palmenblätter und ägyptisches Relief mit Uräuskopf. 1946
Öl auf farbige Kreide auf Leinwand, 70,0 x 53,5 cm
sign. u. dat. u.r. mit blaugrauer Farbe: Oskar Moll 46
verso: auf dem Steg des i.d. Mitte unterteilten Keilrahmens mit weißer Kreide: H MO 71…;
o.r. alter Aufkleber mit der Zahl 4;
u.Mitte auf neuem Rahmen: Grisebach, Los Nr. 261 Moll Aukt. Nr. 72
Verbleib unbekannt (bei Grisebach 1999 nicht verkauft)

Ausst. u. Lit.: Grisebach Berlin, Auktion 72 (5.6.1999), Nr. 261 # Die ZEIT 2011, Nr. 47, S. 61, „Die Betrügersammlung“ # Stefan Koldehoff u. Tobias Timm: Falsche Bilder. Echtes Geld. Der Fälschungscoup des Jahrhunderts – und wer alles daran verdiente, Berlin 2012, S. 174, 265, 271 („Adorno-Liste“)

Im Zusammenhang mit der Causa „Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi und den sogenannten Sammlungen Jägers und Knops“ (vgl. u.a. http://www.zeit.de/2011/25/Faelscherskandal-Kunsthistoriker und http://www.welt.de/die-welt/kultur/article9407032/Die-Sammlung-die-es-niemals-gab.html) wurde auch eine Fälschung nach Oskar Moll entdeckt.
Die  Fälscherbande hat seit Anfang der 1990er Jahre mehr als 50 gefälschte Gemälde über nationale und internationale namhafte Galerien mit Expertisen maßgeblicher Fachleute in Umlauf gebracht.  Als Provenienzlegenden wurden die Sammlungen Werner Jägers und Wilhelm Knops erfunden, die beide in Krefeld gelebt haben, aber nie Kunstsammler waren. Zahlreiche Titel der gefälschten Werke stammen aus Ausstellungskatalogen der 1910er- und 1920er-Jahre und sind in den entsprechenden Werkverzeichnissen als verschollen aufgeführt.

Das vorliegende Gemälde wurde erstmals 1999 öffentlich bekannt. Der Fälscher bediente sich hier eines Motivs, das in der Tat Oskar Moll in seinen Stillleben mit Obstschale ab 1930 des Öfteren verwendete (vgl. Salzmann 1975 Nr. 288, 373, 399, 490, 512, 520). Es handelt sich um einen Kopf mit fächerförmigen Palmblättern als Hinweis auf die unterägyptische Göttin Uto mit dem Kopfschmuck der Uräusschlange als Herrschersymbol, deren Kopf und Hals sich bei Erregung scheibenförmig aufrichtet, wenn sie sich gegen Feinde aufbäumt.

Allerdings entsprechen neben der kompositionellen Bildkonzeption mit der extrem schrägen Aufsicht weitere formale und maltechnische Aspekte dem Sachverhalt einer Fälschung. Moll hatte 1946 kaum Geld für Leinwände. Das Bildformat des stumpfen Keilrahmens ist ungewöhnlich für die Nachkriegsphase. Die Verwendung von Ölfarben in Verbindung mit farbiger Kreide ist zumindest in dieser Zeit für Moll nicht charakteristisch. Und der Namenszug, der mit dem wenig individuellen Schwung einen etwas steifen Eindruck hinterlässt, ist nicht authentisch mit Molls eigenhändiger Künstlersignatur.